Ziel dieser Methode ist es, Probleme, Unklarheiten und weiteren Entwicklungsbedarf von Artefakten zu ermitteln. Dazu werden Testpersonen gebeten, ihre Meinungen, Gedanken und Gefühle laut zu äußern während (concurrent think-aloud – CTA) oder nachdem sie (retrospective think-aloud – RTA) bestimmte Aufgaben durchgespielt haben bzw. durchspielen. Für RTA können Videoaufzeichnungen zur Unterstützung der Erinnerung genutzt werden.
Verortung im Living Lab: Die Methode kann dem Erkenntnisgewinn über den (Nutzungs-) Kontext und die Bedürfnisse von Nutzern dienen, oder auch auf Feedback und Bewertungen abzielen. Entsprechend eignet sich ihre Nutzung gut in der Phase der Nutzerbeobachtung und im Feldtest.
Forschungsumgebung: Die Forschungsumgebung für diese Methode muss keine besonderen Merkmale aufweisen. In Abhängigkeit von der Forschungsfrage kann es jedoch sinnvoll sein, reale Nutzungsumgebungen nachzustellen (beispielsweise, wenn es um die Einbettung eines neuen Artefaktes in eine Routine geht).
Nutzer-/Stakeholderintegration: Nutzer werden aktiv in die Forschung eingebunden und haben eine informierende Rolle. Bezüglich der benötigten Anzahl an Nutzern gibt es keine allgemeingültige Angabe: Haak et al. (2003) verweisen sowohl auf Quellen, die bereits mit 5-6 Teilnehmern konstante Ergebnisse erzielt haben, als auch auf die Tatsache, dass die Heterogenität einer Gruppe die Beziehung zwischen Gruppengröße und Konstanz der Ergebnisse der Methode beeinflusst. Auch wird aufgezeigt, dass die Ergebnisse von Wesensmerkmalen von Testpersonen abhängen. Individualistischere Teilnehmer neigen zu direkterem und nicht ausschließlich auf die auszuführende Tätigkeit beschränktem Feedback.
Aufwand: Der technische Aufwand für die Umsetzung wird als mittel eingeschätzt. Um die Dokumentation zu erleichtern, ist es hilfreich die ausgeführten Aufgaben (visuell und/oder auditiv) Aufzuzeichnen. Hierzu müssen die entsprechenden Geräte bereitgestellt werden. Der zeitliche Aufwand wird ebenfalls als mittel eingestuft. Während die genaue Dauer von der Anzahl der Nutzer abhängt, der Tatsache, ob sie die Aufgaben parallel oder nacheinander durchführen können (der zeitliche Aufwand für RTA ist höher), oder gleichzeitige oder retrospektives Think-aloud genutzt wird, kann die Auswertung aufgrund der möglicherweise umfangreichen Dokumentation einige Zeit in Anspruch nehmen. Für die Durchführung wird kein ausgesprochenes Know-How benötigt. Einige Grundlagen zur Kognitionspsychologie sind für die wissenschaftliche Bewertung der Methode hilfreich.
Für die Umsetzung wird ein zu testendes Artefakt, z.B. ein Prototyp, sowie die technische Ausrüstung zum Aufzeichnen des Experimentes benötigt. Außerdem sind ein bzw. mehrere Nutzer und mindestens ein Mitarbeiter erforderlich. Der Mitarbeiter betreut das Experiment und erinnert die Nutzer daran laut zu denken, sobald sie es vergessen. Die Methode wird wie folgt umgesetzt:
Entwicklung der durchzuführenden Aufgabe: Hierbei ist darauf zu achten, dass die Aufgaben nicht zu komplex sind, da durch die doppelte Belastung (Aufgabe erledigen und reden) die kognitiven Fähigkeiten stark beansprucht werden. Es kann daher sinnvoll sein, die Aufgaben so zu konzipieren, dass der Schwierigkeitsgrad ansteigend ist.
Test des Artefaktes/Prototypen: Die Nutzer führen die Aufgaben entsprechend der Anweisungen durch. Je nachdem, ob concurrent oder retrospective think-aloud durchgeführt wird, werden sie während der Durchführung aufgefordert ihre Gedanken zu äußern. Hierzu können Schilder oder strikte verbale Hinweise genutzt werden. In einigen Anwendungsfällen werden die Nutzer auch gesprächsähnlich aufgefordert.
Die Dokumentation der Durchführung bzw. der Äußerungen wird anschließend auf die Problemstellung hin analysiert und ausgewertet.
Die doppelte Belastung bei CTA kann zu vermehrten Fehlern bei der Durchführung der Aufgaben führen, welche die Nutzerfreundlichkeit einer Anwendung ggf. negativer erscheinen lässt, als sie ansonsten wäre. Andererseits kann das laute Denken auch zu einer strukturierteren und damit erfolgreicheren Durchführung führen.
Bei der RTA Methodik haben Nutzer die Möglichkeit ihre Handlungen noch einmal zu reflektieren. Dies kann entweder den positiven Effekt haben, dass die adressierten Probleme auf einem höheren Level adressiert werden, oder aber den negativen Effekt, dass die Gedanken nachträglich angepasst (z.B. entsprechend sozial Erwünschtem, oder zur Selbstdarstellung) und damit verfälscht werden.
Insgesamt ist bei RTA darauf zu achten, dass die Nutzer entweder über Videoaufzeichnung oder andere Maßnahmen unterstützt werden, um Lücken und Verfälschungen vorzubeugen.
Der Vorteil der Think-Aloud Methode im Vergleich zu anderen Datenerhebungsmethoden ist, dass der Nutzer direkt oder mit unmittelbarem Bezug zur Nutzung des zu testenden Gerätes seine Gedanken und damit Meinung äußert. Da anders als bei Befragungen kein fester Rahmen vorgegeben ist, wird ein Bias durch Fragestellungen vermieden sowie Aspekte, die dem Entwickler vorher nicht bewusst waren (und entsprechend nicht abgefragt worden wären), können vom Nutzer aufgedeckt werden. Durch die ggf. mehrmalige Durchführung der Methode mit Nutzern (iterative Innovationsentwicklung) können Lerneffekte auftreten und die Validität sowie Qualität der Aussagen von Nutzern verbessert werden.
Durch die ggf. mehrmalige Durchführung der Methode mit Nutzern (iterative Innovationsentwicklung) können Lerneffekte auftreten und die Validität und die Qualität der Aussagen von Nutzern verbessert werden.
Anastasiou (2012) stellt dar, wie im Nachgang an eine Nutzerstudie zur Sprach- und Gestensteuerung eines Rollstuhlroboters (unter Verwendung der Wizard of Oz Methode) die Nutzer gebeten werden, sich die Aufgaben noch einmal zu vergegenwärtigen und Gedanken dabei laut auszusprechen. Die Methode wurde mit 20 Probanden durchgeführt (Anasasiou, 2012).
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