Die Selbstdokumentation ermöglicht das direkte Sammeln von Nutzerfeedback und Erlebnissen in Bezug auf eine bestimmte Aktion vom Nutzer (event-getriggert) oder zu festgelegten Zeitpunkten (time-getriggert), ohne dass ein Forscher anwesend ist. Durch die direkte, bzw. zeitnahe Erfassung kann die aktuelle Stimmung und Situation eingefangen werden und unerwünschtem Vergessen vorgebeugt werden. Im Rahmen einer längeren meist mehrwöchigen Studie erhält der Nutzer beispielsweise mehrmals am Tag ein Fragesample mit drei oder vier Fragen, die schnell und einfach beantwortet werden können.
Für die Dokumentation eignen sich je nach Art der Beobachtung unterschiedliche Medien, wie beispielsweise Notizblöcke, Digitalkameras oder Web-Formulare. Auch direkte Feedbacks per Telefon, SMS oder Apps sind denkbar. Die Methode kann zur qualitativen oder quantitativen Forschung eingesetzt werden. Bei der qualitativen Variante kann die Testperson beliebige Inhalte erfassen. Sie sollten möglichst detailliert und aufschlussreich sein. Bei der quantitativen Variante sind die Fragen bereits vorgegeben, sowie das Ereignis und das Intervall für das Ausfüllen oder Beantworten der Frage.
Verortung im Living Lab: Die Methode der Selbstdokumentation kann prinzipiell zu jedem Zeitpunkt während des Innovationsprozesses im Living Lab durchgeführt werden. Sie eignet sich besonders gut, um die Nutzungskontexte besser kennen zu lernen und entsprechende Informationen zu sammeln. Dies ist besonders in der Phase der Nutzerbeobachtung und des Feldtests relevant.
Forschungsumgebung: Da die Nutzer in „alltäglichen“ Situationen zur Dokumentation aufgefordert sind, ist die Anwendung in der realen Umgebung der Nutzer am besten geeignet. Ggf. kann die Methode auch in Living Lab Infrastrukturen angewendet werden, wobei hier auch andere Methoden für die Erfassung genutzt werden können (z.B. Think-Aloud oder Beobachtung).
Nutzer-/Stakeholderintegration: Es bedarf einer größeren Anzahl an Teilnehmern. Bei qualitativen Studien 5-10 und bei quantitativen Studien deutlich mehr. Durch das Ausfüllen und Beantworten sind sie aktiv in den Prozess eingebunden.
Aufwand: Der Aufwand kann als mittel bis groß beschreiben werden, denn das Studiendesign muss stark auf den jeweiligen Untersuchungskontext angepasst werden. Der technische Aufwand hängt beispielsweise vom verwendeten Feedback-Medium ab und kann von einem Notizblock bis hin zu einem Tablet oder Smart Phone reichen. Der zeitliche Aufwand (sowohl für Nutzer als auch für Forscher) hängt von der Untersuchungsdauer ab.
Welche Form der Selbstdokumentation eingesetzt wird, hängt von der Aufgabe, dem Umfeld und der technischen Fähigkeit des Teilnehmers ab. Ziel ist es, die Dokumentation für den Teilnehmer möglichst unkompliziert und zeitsparend zu gestalten und dennoch ein Maximum an Informationen zu sammeln.
Offline-Medien wie Notizblöcke oder Digitalkameras sind unkompliziert und einfach zu bedienen. Sie können überall hin mitgenommen werden und eignen sich für die mobilen Dokumentationen. Bei analogen Medien müssen die Daten zudem zuerst digitalisiert werden. Online-Medien wie Web-Formulare, Apps oder Blogs liefern kontinuierliches Feedback in einer digitalen und strukturierten Form.
Rekrutierung der Teilnehmer: Eine qualitative Untersuchung kann bereits mit einer kleinen Gruppe von Teilnehmern durchgeführt werden. Für eine quantitative Untersuchung sollte eine möglichst repräsentative und genügend große Stichprobe gewählt werden. Zudem empfiehlt es sich, ca. ein Drittel mehr Teilnehmer zu rekrutieren, als für eine gute Datenauswertung notwendig sind. Denn bei langer Zeitdauer, sollte eine gewisse Abbruchquote berücksichtigt werden sowie die Unbrauchbarkeit einiger Datenreihen.
Anleitung der Testteilnehmer: Zu Beginn der Studie sollten die Teilnehmer zu einem kurzen Treffen eingeladen werden. Dabei können die wichtigsten Informationen zur Studie erklärt werden, wie bspw. Dauer, Möglichkeit Feedback zu geben oder Verwendung der gesammelten Daten. Anschließend können die Hilfsmittel zur Dokumentation ausgehändigt und erklärt werden. Es bietet sich an, die Teilnehmer beispielhaft eine Probedokumentation ausfüllen zu lassen.
Betreuung während der Studie: Für eine gelungene Untersuchung benötigen die Teilnehmer im Verlauf der Studie eine gewisse Betreuung und Motivierung (z.B. zwischendurch melden, nach Problemen fragen, Wichtigkeit der Teilnahme betonen, Anreize setzen). Es empfiehlt sich, so früh wie möglich mit der Datenauswertung zu beginnen, um, wenn nötig, Feedback zu Form und Qualität der Daten zu geben. Zudem können erste Erkenntnisse so bereits früh in das Produktdesign einfließen.
Das Abschlussinterview: Am Ende der Studie werden die Teilnehmer häufig zu einem Abschlussinterview eingeladen. Dabei ergibt sich die Möglichkeit, noch ein paar direkte Fragen zum Produkt und zur Methode zu stellen. Dies kann insbesondere dann interessant sein, wenn die gesammelten Daten zu diesem Zeitpunkt bereits ausgewertet wurden und dabei letzte Unklarheiten oder offene Fragen beantwortet werden können.
Auswertung der Daten: Als letzter Schritt folgt die Auswertung der Daten. Je nach Form müssen die Daten zuerst digitalisiert oder übertragen werden, bevor sie analysiert werden können. Dies kann viel Zeit in Anspruch nehmen, welche unbedingt eingeplant werden muss. Danach werden die Daten nach üblichen qualitativen oder quantitativen Methoden ausgewertet.
Die Selbstdokumentation unterscheidet sich von anderen Untersuchungsmethoden darin, dass die Testperson ihre Erlebnisse selbstständig dokumentiert. Dass die Testperson das Tagebuch alleine führen muss, birgt die Gefahr nachlassender Motivation. Möglicherweise werde die Ereignisse dann nur noch teilweise oder in ungenügender Qualität erfasst. Dem kann mit einer einfachen Dokumentationsmethode und zwischenzeitlicher Betreuung entgegengewirkt werden.
Bei Online-Erfassungen haben Teilnehmer sich zunächst ins Internet zu begeben, was sich negativ auf ihre Motivation auswirken kann. Online-Medien eignen sich daher mehr für Aufgaben, bei denen der Teilnehmer bereits am Computer sitzt. Eine große Herausforderung besteht auch darin, dass häufig erst am Ende einer Studie Einsicht in die vielen Aufzeichnungen genommen werden kann, und die Forschenden daher erst spät auf negative Feedbacks und Probleme sowie Missverständnisse bei der Dokumentation reagieren können.
Das selbstständige Dokumentieren hat den Vorteil, dass kein Beobachter benötigt wird, wodurch die äußerliche Beeinflussung gering bleibt. Zudem können auch persönliche und seltene Erlebnisse dokumentiert, sowie Langzeitstudien durchgeführt werden. Diese Methode ist zeit- und kosteneffizient, wirkt zudem beim Einbezug ökologischer Aspekte unterstützend.
Ein weiterer Vorteil im Living Lab ist die Wiederholbarkeit der Methode, Zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Produktentwicklung durchgeführt, können Aussagen darüber getroffen werden, inwiefern das Produkt den Nutzungskontext verändert.
In einem Nutzertagebuch mit dem Fitbit Fitness Tracker soll folgende Fragen geklärt werden: „Was sind Erfolgsfaktoren einer positiven User Experience?“ oder auch „Wie kann verhindert werden, dass das Gerät nach 2 Wochen in der Schublade landet?“
Dokumentieren soll der Nutzer alles von den ersten Erfahrungen bei der Einrichtung des Gerätes, über den Tragekomfort des Armbandes bis hin zur Nutzung komplexer Anwendungen – all diese Informationen sind Teil des Tagebuchs. Des Weiteren wird dokumentiert, wie die Funktionen genutzt werden und welche Probleme auftreten.
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